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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter November 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,


dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Nachzahlung einer Rente: Zinsen sind Kapitaleinkünfte

2.

Änderung eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

3.

Übernahme einer Bürgschaft: Achtung Fremdvergleich

4.

Pflichtveranlagungsgrenze: Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

5.

Falsche Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

6.

Wohnungseigentum: Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

7.

Bearbeitungsgebühr für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

8.

Wann darf eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?

9.

Auslandsführerschein: Fehlende Umschreibung kann teuer werden



1. Nachzahlung einer Rente: Zinsen sind Kapitaleinkünfte

Werden im Zusammenhang mit einer Rentennachzahlung Zinsen gezahlt, gehören diese zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Hintergrund

Eine Steuerpflichtige bezog im Jahr 2006 von der Deutschen Rentenversicherung Bund Einkünfte u. a. aus einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Rentenbescheid vom 2.11.2005 wurde diese Rente neu festgestellt. Der Steuerpflichtigen wurden im Jahr 2006 für die Zeit vom 1.5.1999 bis 31.12.2005 eine Nachzahlung in Höhe von 10.850,08 EUR netto sowie hierauf entfallende Zinsen in Höhe von 1.399,75 EUR ausgezahlt.

Das Finanzamt berücksichtigte die Nachzahlung und die Zinsen im Einkommensteuerbescheid 2006 erklärungsgemäß als sonstige Einkünfte mit einem Besteuerungsanteil von 50 %. Im Einspruchsverfahren begehrte die Steuerpflichtige die Zuordnung der Zinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, weil nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags und des Sparerfreibetrags keine steuerpflichtigen Einkünfte verbleiben würden.

Das Finanzgericht wies die Klage mit der Begründung ab, seit der Neufassung durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) gehörten zu den sonstigen Einkünften Leibrenten und andere Leistungen, die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen erbracht werden. Der Gesetzeswortlaut erfasse auch die Zinsgutschrift.

Entscheidung

Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht derjenige, der Entgelt zur Nutzung überlässt; zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung sind. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt. Auch die vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung kann zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Auszahlung des Kapitals selbst steuerpflichtig ist.

Zinsen, die für eine verspätet gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden, sind steuerpflichtige Einnahmen. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen mit der Zinszahlung Nachteile ausgeglichen werden, die der Berechtigte durch die verspätete Zahlung der Sozialleistungen erleidet. Die Zinsen werden insoweit für das unberechtigte Vorenthalten der Rentenbezüge und zum Ausgleich der mit der verspäteten Zahlung verbundenen Nachteile geleistet. Wirtschaftlich betrachtet sind die Zinsen damit auch Entgelt für die verspätete Zahlung, d. h. die Vorenthaltung von Kapital, und unterliegen deshalb der Besteuerung, und zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

2. Änderung eines Steuerbescheids: Wann liegt arglistige Täuschung vor?

Hat der Steuerpflichtige seinen Sachverhalt im Veranlagungsverfahren vollständig offengelegt und im Einspruchsverfahren lediglich eine andere rechtliche Würdigung vorgetragen, kann das Finanzamt den bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid nicht mehr ändern. Denn es liegen weder neue Tatsachen noch arglistige Täuschung vor.

Hintergrund

Die Eheleute wurden für 2007 zusammen zur ESt veranlagt. Die Ehefrau (F) war bis 30.6 bei A und ab 1.7. bei B beschäftigt. F erklärte eine Bruttoarbeitslohn von ./. 20.201 EUR und Entschädigungen von 174.034 EUR. Ihre Arbeitgeber übermittelten dem Finanzamt elektronisch für 1.1. bis 30.6. einen Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR und einen ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn von 174.034 EUR (und v. 1.7. bis 31.12. einen Bruttoarbeitslohn von 6.920 EUR).

F reichte einen mit A geschlossenen Aufhebungsvertrag ein. Danach sollte sie wegen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6. eine Abfindung von 174.034 EUR erhalten, von der 50.017 EUR in eine Direktversicherung einbezahlt werden sollten. Außerdem reichte sie eine Bescheinigung der A mit einer Aufstellung der bescheinigten Summe in der Lohnsteuer-Bescheinigung ein. Danach hatte A die Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des eingetragenen Bruttoarbeitslohn statt bei der Abfindung als Abzugsposten berücksichtigt und gelangte so zu einem Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980 EUR.

Bei der Einkommensteuer-Festsetzung wies das FA darauf hin, dass der Bruttoarbeitslohn 29.956 EUR betrage. Ein Abzug vom Bruttoarbeitslohn sei ausgeschlossen.

Dagegen legten die Eheleute Einspruch ein. Das Finanzamt half (durch eine andere Sachbearbeiterin) dem Einspruch mit Änderungsbescheid ab; dieser wurde bestandskräftig.

Später stellte das Finanzamt anlässlich bei einer bei A durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Beiträge zur Direktversicherung nicht mit der Abfindung, sondern mit dem Bruttoarbeitslohn verrechnet worden waren. Daraufhin erließ das Finanzamt einen geänderten Bescheid und berücksichtigte dabei – wie im ursprünglichen Bescheid v. 25.11.2008 – einen Bruttoarbeitslohn von 29.956 EUR und eine Entschädigung von 124.017 EUR.

Das Finanzgericht gab der Klage statt, da der Bescheid weder wegen neuer Tatsachen noch wegen arglistiger Täuschung habe geändert werden dürfen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung des Finanzgerichts, dass die Voraussetzungen für die Änderung des bestandskräftigen Änderungsbescheids nicht vorliegen.

Der Bescheid konnte nicht wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen geändert werden. Denn dem Finanzamt waren bereits beim Erlass des Änderungsbescheids sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen bekannt, nämlich der Auflösungsvertrag, die Abfindung, die Einzahlung in eine Direktversicherung sowie dass A in der Lohnsteuer-Bescheinigung die Einzahlung in die Direktversicherung bei der Berechnung des Bruttoarbeitslohns (statt bei der Entschädigung) als Abzugsposten berücksichtigt hatte. Auf die individuelle Kenntnis bzw. Unkenntnis der neu zuständigen Sachbearbeiterin kommt es dabei nicht an. Die abweichende rechtliche Würdigung ist keine neue Tatsache.

Auch eine Änderung wegen arglistiger Täuschung kommt nicht in Betracht. Zwar darf ein Bescheid geändert werden, wenn er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung usw. erwirkt worden ist. Unter arglistiger Täuschung ist die bewusste und vorsätzliche Irreführung zu verstehen, wie jedes vorsätzliche Verschweigen oder Vortäuschen von Tatsachen, durch das die Willensbildung der Behörde unzulässig beeinflusst wird. Das liegt hier nicht vor. Der schlichte Vortrag einer anderen Rechtsauffassung ist nicht arglistig oder in sonstiger Weise unlauter.

3. Übernahme einer Bürgschaft: Achtung Fremdvergleich

Wann ist bei einer Bürgschaft von einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auszugehen? Das entscheidet sich nach den vereinbarten Bedingungen der Bürgschaftsübernahme.

Hintergrund

Die klagende K-GmbH, die zu 90 % von M (= Mutter) gehalten wird, betreibt den Handel mit iranischen Firmen. Geschäftsführer ist V (= Vater). S-1 (= Sohn von M und V) wurde Einzelprokura erteilt. In 2000 gründete V mit S-2 (= Sohn von M und V) die F-GmbH mit gleichem Unternehmenszweck. S-2 und S-1 waren die Geschäftsführer. In 2004 bürgte die K-GmbH für 2 durch die F-GmbH ausgestellte Wechsel über 230.000 EUR, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten. Seit 2003 gewährte die K-GmbH der F-GmbH verzinste Darlehen. Diese wurden bei Fälligkeit nur teilweise zurückgezahlt, vielfach wurden die Verträge verlängert. In 2009 meldete die F-GmbH Insolvenz an. Daraufhin wurde die K-GmbH aus der Bürgschaft in Anspruch genommen.

Bei einer Betriebsprüfung der K-GmbH wurde der Aufwand aus der Bürgschaft in 2009 i. H. v. 230.000 EUR aufgrund des fehlenden betrieblichen Bezugs als verdeckte Gewinnausschüttung dem Gewinn hinzugerechnet. Dagegen wendete sich die K-GmbH.

Entscheidung

Die Klage ist unbegründet. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Darlehensgewährung sind aufgrund der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit sinngemäß anwendbar. Bei einer Bürgschaftsübernahme für einen von einem Dritten an einen Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person gewährten Kredit entscheidet sich die Frage nach der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nach den vereinbarten Bedingungen der Bürgschaftsübernahme, insbesondere nach Vergütung, Sicherheiten und Inanspruchnahmerisiko.

Im vorliegenden Fall findet die Vermögensminderung durch die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis. Die Übernahme der Bürgschaft ohne Besicherung lässt sich nur durch die familiäre Verbundenheit der Gesellschafter der Klägerin und der F-GmbH erklären. Die Existenzsicherung der F-GmbH war für die Klägerin in 2004 wirtschaftlich auch nicht derart bedeutend, dass sie deren Zusammenbruch unbedingt vermeiden musste. Darüber hinaus hätte ein fremder Dritter beim Bestehen von Darlehensforderungen zunächst auf deren Ausgleich bestanden.

4. Pflichtveranlagungsgrenze: Wann sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu berücksichtigen?

Positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften sind bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung die auf Ebene der Einkünfte zu berücksichtigen, und nicht erst als Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte.

Hintergrund

Der Kläger reichte seine Einkommensteuer-Erklärung für das Jahr 2006 am 16.8.2011 beim Finanzamt ein. Neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit erklärte er Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 2.110 EUR. Zum 31.12.2005 waren nicht ausgeglichene Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. 1.923 EUR festgestellt worden. Das Finanzamt nahm daher wegen Unterschreitens der Pflichtveranlagungsgrenze von 410 EUR eine Antragsveranlagung an und lehnte diese wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab. Der Kläger war dagegen der Meinung, dass eine Verrechnung des vortragsfähigen Verlustes erst vom Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfolgen hat, sodass die Pflichtveranlagungsgrenze überschritten war.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, denn das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Der Verlustabzug muss bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte erfolgen. Dafür spreche, dass die Ausführungen zur Verlustverrechnung ausdrücklich in die Vorschrift über die privaten Veräußerungsgeschäfte aufgenommen und dabei ein Verlustabzug in anderen Kalenderjahren ausgeschlossen worden sei. Der Wortlaut der Vorschrift sehe ausdrücklich eine Verlustverrechnung mit den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften vor.

Diese Verlustverrechnung auf Einkunftsebene sei auch im Rahmen Veranlagung zu berücksichtigen, sodass im Streitfall eine Antragsveranlagung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist zum 31.12.2010 nicht mehr in Frage komme.

5. Falsche Beschuldigungen gegenüber dem Vermieter: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

Mieter sollten ihren Vermieter nicht beschimpfen und sich vor falschen Beschuldigungen hüten. Denn sonst darf der Vermieter fristlos kündigen.

Hintergrund

Der Vermieter einer hatte das Mietverhältnis fristlos gekündigt, weil die Mieterin gegenüber Dritten ehrverletzende Aussagen über ihn gemacht habe.

Konkret wirft der Vermieter der Mieterin vor, sich gegenüber weiteren Mietern im Haus zu seiner Person abfällig geäußert zu haben. Sie habe behauptet, er sei so geldgierig, dass man das auf keinen Fall dulden dürfe. Er würde Mieter abzocken und habe sie bei einem Besuch in der Wohnung sexuell belästigt.

Die anderen Mieter bestätigten die Darstellung des Vermieters.

Entscheidung

Die Kündigung ist wirksam.

Die Anschuldigungen der Mieterin sind derart massiv, dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis fortzusetzen. Der Vermieter hat die Mieterin nicht provoziert oder sich sonst falsch verhalten. Die Mieterin hat völlig ohne Anlass falsche Behauptungen gegenüber den Mitmietern aufgestellt. Diese sind geeignet, die Ehre des Vermieters nachhaltig zu beschädigen.

6. Wohnungseigentum: Darf die Gemeinschaft einen hohen Kredit aufnehmen?

Entspricht die Aufnahme eines hohen Darlehens durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung? Das entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Hintergrund

Die Anlage, die aus 201 Einheiten besteht, wurde in den 1980er-Jahren errichtet. In einer Eigentümerversammlung im August 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung durchzuführen. Die Kosten wurden mit 2 Mio. EUR veranschlagt.

Sie beschlossen, einen KfW-Förderkredit über 1.320.000 EUR aufzunehmen. Der Zinssatz belief sich auf 0 % und die Laufzeit auf 10 Jahre. Der restliche Betrag für die Sanierungsmaßnahme sollte über die Instandhaltungsrücklage aufgebracht werden.

Eine Wohnungseigentümerin hat gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme geklagt.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Zwar kann auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Im konkreten Fall hält der Bundesgerichtshof den Beschluss über die Kreditaufnahme allerdings nicht für ordnungsgemäß.

Im Wohnungseigentumsgesetz gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Gemeinschaft einen Kredit nur in besonderen Ausnahmefällen aufnehmen kann. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Wenn einzelne Wohnungseigentümer nicht zahlen, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Eigentümer oder eine Sonderumlage ausgeglichen werden.

Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Eigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist. Bei einem Darlehen hingegen lässt sich das Risiko, dass einzelne Eigentümer nicht zahlen können, nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich. Außerdem muss stets damit gerechnet werden, dass sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft durch Eigentümerwechsel ändert.

Vor der Beschlussfassung muss wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung erörtert werden. Dies ist im Versammlungsprotokoll zu dokumentieren.

Im vorliegenden Fall sah der BGH den Kreditbeschluss deshalb nicht als ordnungsgemäß an, weil aus dem Versammlungsprotokoll nicht ersichtlich ist, dass die Eigentümer über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden sind.

7. Bearbeitungsgebühr für Kredit: Bei Geschäftskunden zulässig

Verlangt eine Bank für die Bearbeitung eines Kredits Gebühren, kann dies gegenüber Geschäftskunden zulässig sein.

Hintergrund

Die Bank hatte mit einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft im Jahr 2005 einen Kreditrahmen über 900.000 EUR vereinbart. Diesen Kreditrahmen konnte die Gesellschaft nach ihrer Wahl über 2 Kontokorrentlinien sowie über eine Avallinie in Anspruch nehmen. In dem Vertragsformular wurde eine nicht laufzeitabhängige, sofort fällige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 9.000 EUR festgeschrieben.

Im Jahr 2015 forderte die Klägerin die Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr. Diese sei nicht rechtsverbindlich vereinbart worden, weil es sich nicht um eine individuelle Absprache, sondern um eine einseitige Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen handle. Die Regelung beinhalte eine unangemessene Benachteiligung der Kundin, sodass sie unwirksam sei. Der Bundesgerichtshof habe im Jahr 2014 abschließend geklärt, dass die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten durch Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig sei.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts gelten die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze in erster Linie für Verbraucher und sind auf AGB, die gegenüber Kaufleuten benutzt werden, nicht ohne weiteres übertragbar.

Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass ein Teil des Kredits als Avallinie ausgewiesen sei. Ein solcher Avalkredit sei rechtlich als Kreditleihe zu qualifizieren. Hierfür könne die Bank auch ohne entsprechende Vereinbarung Zinsen und eine angemessene Provision verlangen.

Die Bearbeitungsgebühr sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Bank Bearbeitungsaufwand auch im Interesse des Kunden entstehe. Bei einem Kredit im Rahmen eines Handelsgeschäfts prüfe die Bank beispielsweise die Bonität des Kunden nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des Kunden. Dieser sei zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. Die Bonitätskontrolle durch die Bank diene daher auch der Selbstkontrolle des Kunden. Auch insoweit sei hier die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr nicht mit einer Bearbeitungsgebühr gegenüber einem Verbraucher zu vergleichen, bei dem die Bank die Bonitätsprüfung allein im eigenen Interesse vornehme.

8. Wann darf eine Internet-Auktion vorzeitig abgebrochen werden?

Hatte ein Anbieter beim Start einer Internet-Auktion eine fehlerhafte Vorstellung über ein Merkmal der Kaufsache, darf er die Auktion vorzeitig abzubrechen. Ein Kaufvertrag mit dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden kommt in diesem Fall nicht zu Stande.

Hintergrund

Ein Autobesitzer bot über die Internetplattform eBay sein Auto zu einem Startpreis von 1 EUR an. Die Auktion war auf 10 Tage angesetzt. Als sein Sohn einen Schaden am Katalysator des Autos feststellte, brach der Anbieter die Auktion vorzeitig ab. Der zu diesem Zeitpunkt Höchstbietende machte gegenüber dem Anbieter Schadensersatz geltend.

Entscheidung

Die Klage des Höchstbietenden auf Schadensersatz hatte keinen Erfolg. Das Gericht verneinte bereits das Zustandekommen eines Kaufvertrages.

Der Beklagte hat mit einem Startpreis von 1 EUR ein verbindliches Verkaufsangebot abgegeben, das innerhalb der auf 10 Tage angesetzten Laufzeit letztlich durch das höchste Gebot modifiziert werden sollte. Das Angebot stehe allerdings unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebotsrücknahme. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay werde dem Anbietenden das Recht eingeräumt, sein Angebot unter bestimmten Voraussetzungen vor Ablauf der festgesetzten Auktionszeit zurückzunehmen, beispielsweise wenn er sich bei Einstellen des Artikels geirrt habe oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer beschädigt wird oder verloren geht.

Die spätere Entdeckung eines bei Einstellen des Angebots versteckten Mangels wird in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausdrücklich geregelt. Dies ist nach Auffassung des Gerichts allerdings auch nicht erforderlich, denn die entsprechende Vorschrift erlaube den Ausstieg aus der Auktion allgemein für die Fälle, in denen der Anbieter sich geirrt habe. Ein solcher Irrtum sei auch dann gegeben, wenn die Kaufsache einen versteckten Mangel aufweise, den der Anbieter erst während des Laufs der Auktion entdecke. Ein solcher zur Angebotsrücknahme berechtigender Irrtum liege jedenfalls dann vor, wenn infolge eines zuvor nicht erkannten Defekts die Kaufsache nicht gebrauchstauglich sei.

9. Auslandsführerschein: Fehlende Umschreibung kann teuer werden

Eine ausländische Fahrerlaubnis muss in eine deutsche Fahrerlaubnis umgeschrieben werden. Ansonsten droht im Fall eines Verkehrsunfalls eine Regresspflicht des Führerscheininhabers gegenüber der Haftpflichtversicherung.

Hintergrund

Die aus Kroatien stammende Fahrzeugführerin, die in Deutschland lebte, hatte ihren kroatischen Führerschein nicht umschreiben lassen. Infolge eines von ihr schuldhaft verursachten Verkehrsunfalls, musste die Haftpflichtversicherung Schadensersatz an die Unfallgegnerin zahlen.

Nachdem die Versicherung erfahren hatte, dass die Versicherungsnehmerin lediglich die kroatische Fahrerlaubnis besaß, nahm sie diese auf Zahlung eines Teilbetrages des geleisteten Schadensersatzes in Regress. Die Versicherungsnehmerin widersetzte sich der Regressforderung.

Entscheidung

Das Gericht stellte sich auf die Seite der Versicherung.

Bei Verletzung bestimmter Pflichten durch den Versicherungsnehmer entfällt der Versicherungsschutz. Zu den Pflichten gehört u. a., dass ein Fahrzeug nur mit der vorgeschriebenen Fahrerlaubnis geführt werden darf. Verletzt der Versicherungsnehmer die Pflicht grob fahrlässig, so ist die Versicherung nach dieser Vorschrift berechtigt, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Einen Pflichtverstoß sah das Gericht darin, dass die Beklagte den kroatischen Führerschein nicht in eine deutsche Fahrerlaubnis hatte umschreiben lassen.

Die Einwendungen der Beklagten, dass die Umschreibung lediglich eine Formsache gewesen sei, überzeugte das Gericht nicht. Denn bei der Umschreibung werde die Echtheit des kroatischen Führerscheins und die Berechtigung des Inhabers hinsichtlich des Führens der Fahrerlaubnis geprüft. Damit sei die Umschreibung mehr als eine reine Formalität, vielmehr bringe sie sowohl für die am Straßenverkehr Beteiligten als auch für die Versicherung die Gewissheit, dass der Betreffende zu Recht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei. Dabei habe die Beklagte zumindest grob fahrlässig gehandelt.

Der Beklagten half auch die Einwendung nichts, an dem Unfallgeschehen und der dadurch folgenden Eintrittspflicht der Versicherung habe sich durch die fehlende Umschreibung nichts geändert. Die Beklagte hätte nach Auffassung des Gerichts darlegen und beweisen müssen, dass der Unfall auch bei Innehaben der erforderlichen Fahrerlaubnis in gleicher Weise geschehen sei. Dies habe sie nicht getan.



Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen




Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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